(Informations-) Überwachung statt (Informations-) Unterdrückung?

(Disclaimer: folgender Text dient ebenfalls vor allem dazu, mir selber einige Gedankengänge klar zu machen, der vermutlich noch nicht ganz abgeschlossen sind.)

In Zeiten von Prism, Tempora und XKeyscore muss ich immer wieder an einen erstaunlich weitsichtigen Satz aus der „Studie“ denken, die Mitglieder des Chaos Computer Clubs 1986 im Auftrag der Grünen angefertigt haben. Damals ging es um die geplante Einführung eines Computernetzwerkes im Bundestag, und die Grünen hatten einige Bedenken, schließlich galten für viele Angehörige des Alternativen Milieus in den 1980ern noch Computer als „Technik der totalen Kontrolle“.

In der Studie heißt es ziemlich am Anfang:

Herrschaft hat schon immer darauf Wert gelegt, das historisch jeweils fortgeschrittenste Medium zu kontrollieren und einzuschränken.1Arbeitskreis Politischer Computereinsatz / Chaos Computer Club: Trau keinem Computer, den du nicht (er-)tragen kannst. Entwurf einer sozialverträglichen Gestaltungsalternative für den geplanten Computereinsatz der Fraktion „Die Grünen im Bundestag“ unter besonderer Berücksichtigung des geplanten Modellversuchs der Bundestagsverwaltung (PARLAKOM), Löhrbach 1987.

Lassen wir einmal außen vor, was genau hier eigentlich unter Herrschaft zu verstehen ist, und ob diese Aussage sich für alle Zeiten historisch begründen lässt, aber lassen wir uns für ein Gedankenexperiment einfach mal darauf ein.

Das damals, in den 1980ern fortgeschrittenste Medium (Wobei noch zu klären wäre, was genau ein Medium „fortschrittlich“ macht) war der Heimcomputer, der mit einem Modem an das Telefonnetz angeschlossen war, was die Verbindung mit unzähligen anderen Computern ermöglichte. Computer, die so erreicht werden konnten, nannte man damals Mailboxen, im englischsprachigen Raum auch Bulletin Board Systems, kurz BBS. Anders als beim staatlichen Bildschirmtext war hier jeder Informationskonsument gleichzeitig auch ein potenzieller Informationsproduzent und -verteiler. Alles, was dazu benötigt wurde, um vermeintlich unterdrücke Informationen zu verbreiten, war ein Computer, ein Modem mit Telefonanschluss sowie ein paar Telefonnummern von Mailboxen. Als im Frühjahr 1986 die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl die Welt beunruhigte und viele den staatlich veröffentlichten Strahlenwerten misstrauten, sollen auf diesem Wege selbst gemessene Strahlenwerte verbreitet worden sein. Der Heimcomputer als Instrument einer Gegenöffentlichkeit.

Aus Sicht der Aktivisten des CCC und der Mailboxszene waren die „Herrschenden“ damals darum bemüht auch dieses Medium unter Kontrolle zu bekommen. Die Mittel, die hierzu eingesetzt wurden, waren das Endgerätemonopol und die Fernmeldeanlagenordnung, die einen Anschluss von Modems an das Telefonnetz genehmigungspflichtig machte. Auf dieser Grundlage wurde der nicht genehmigten Anschluss eines Modems gerne mit Hausdurchsuchungen beantworten. Die unkontrollierbare Kommunikation, so der Eindruck der Aktivisten, sollte durch solche Maßnahmen unterdrückt werden.2Vertiefend zum Aufbau von Kontrolle über neu aufkommenden Medien wie Radio, Fernsehen oder das Telefonnetz in den USA empfehle ich Tim Wu: Der Master Switch. Aufstieg und Niedergang der Medienimperien, Heidelberg [u.a.] 2012.

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„Es gibt kaum nutzlose Dinge, nur nützliche am falschen Ort.“

Die ZEIT schreibt über über eine neue, auf Tausch und gemeinsamer Nutzung statt Besitz basierenden Ökonomie. Eine weitere (revolutionäre?) Veränderung, die dass Internet uns beschert!

Verhaltensökonomie: Meins ist deins

Ähnliche Gedanken hatte ich ja auch schon im Bezug auf Autos und private Buchbestände. Aber vielleicht kann man die Idee ja auch auch umfassender aufziehen, etwa indem ich mit Hilfe des Internets meine Haushaltsgeräte, Werkzeuge, (halt so Dinge, die ich nur sehr selten, 1-2 mal im Jahr benötigt) in meiner Nachbarschaft anbiete. Und meine Nachbarn ihre natürlich auch.

Halt die gute, alte Nachbarschaftshilfe, aber in besser. Ein Verzeichnis, wer aus meiner Umgebung was besitzt und verleiht, dazu vielleicht noch ein wenig soziale Kontrolle, Bewertungen wie bei ebay, ob mein Nachbar das Geliehene auch pfleglich behandelt und rechtzeitig wieder zurückgegeben hat, oder so. Und das ganze natürlich kostenlos. Das wäre doch mal was.

Was ich gerne hätte: Einen privaten Bibliothekskatalog mit der Möglichkeit, in die Bücherregale meiner Freunde, Bekannten oder Komilitonen zu schauen

Vor Kurzem hab ich mir fast eine Buch bei der Stabi ausgeliehen, das ich selber in meinem Bücherregalen stehen hatte. Ich hatte schlicht vergessen, dass ich mir das Buch vor längerer Zeit günstig im Antiquariat gekauft habe. Da wurde mir bewusst: ich brauche einen Bibliothekskatalog für meine eigenen Bücher. Eine kurze Onlinerecherche nach privater Bibliothekssoftware brachte mich nicht so recht weiter, und der Gedanke, mit welchem Aufwand das Erfassen aller meiner Bücher verbunden sein dürfte haben mich bislang davon abgeschreckt, in diese Richtung weiter tätig zu werden. Eigentlich habe ich ein klares Anforderungsprofil an (m)einen privaten Bibliothekskatalog:

  1. Kostenlos
  2. Open Source
  3. Läuft online, am besten mit PHP und mySQL
  4. Ein offenes, am besten standardisiertes Format für die Daten (zum späteren Austausch)
  5. Eine schnelle und einfache Möglichkeit, Daten zu erfassen (z.B. Barcodes scannen und Datenimport von Amazon oder Ähnliches)

Was zusätzlich noch genial wäre und meine eigentlich Idee darstellt: es müsste doch möglich sein, die privaten Bibliothekskataloge, die meine Freunde, Bekannten oder Kommilitonen (dann hoffentlich) angelegt haben, in einem Rutsch mit zu durchsuchen! Wenn man im GBV sucht werden ja auch die Bestände der angeschlossenen Bibliotheken mit durchsucht und Treffer aufgeführt.

Warum kann ich nicht einen eigenen, ganz privaten Bibliotheksverbund haben? Mit Leuten, denen ich problemlos Bücher verleihe , und dir mir hin und wieder auch selber welche leihen. (Der Clou wäre es noch, wenn beim Suchen im GBV oder dem Hamburger Campuskatalog die Suchergebnisse meiner Freunde gleich mit angezeigt bekäme, durch irgend ein Plugin oder so.)

Ich weiß zwar, das es Seiten wie LibraryThing gibt, aber das ist nicht das, was ich suche. Ich suche keine Community, sondern nur einen gemeinsamen Katalog mit meinen Real-Life Kontakten. Über jegliche Hinweise, die mich der Verwirklichung meiner Idee ein wenig näher bringen oder Softwaretipps für private Bibliothekskataloge freue ich mich in den Kommentaren.

Privates Carsharing, oder: Die Idee der “Auto-WG”

Ein Freund von mir hat mir neulich erzählt, dass er überlegt, gemeinsam mit seinem Bruder eins der Autos seiner Eltern zu übernehmen und es gemeinsam zu nutzen.

Wer sich noch an seine Kindheit erinnern kann, der weiß, – zumindest, wenn er Geschwister hatte – das gemeinsames Eigentum nicht immer einfach ist. Das mag bei Spielsachen vielleicht noch einigermaßen erträglich sein, aber sobald das gemeinsame Eigentum anfängt Kosten zu verursachen, kann die Frage, wie man diese möglichst gerecht aufteilt schnell zu tieferen Zerwürfnissen führen.

Da ist mir nun die Idee gekommen: Warum gibt es eigentlich noch keine (technische) Lösung für „privates Carsharing“? Also wenn zwei oder mehr Leute, die sich gut kennen, ein Auto gemeinsam besitzen und die Kosten gerecht aufteilen wollen?

Gegenüber kommerziellen Carsharing hätte diese Idee den Vorteil, dass man sehr flexibel ist und sich nur mit mit den Mitbesitzern absprechen muss, wenn man Auto nutzen möchte, wo man parkt oder ob man mal damit  zwei Wochen in den Urlaub fahren kann etc.  Also so, wie sich eine  Familie halt ein Auto teilt, etwa, wenn sie Kinder mit Führerschein aber  ohne eigenes Auto hat.

Irgendeine technische Lösung für das Problem, die gefahrenen Kilometer auf die Kosten umzulegen, die transparent und auch leicht an die eigenen Bedürfnissen anzupassen ist, sollte es doch geben. Ich denke da an Lösungen, die von einem ins Auto eingebauten Fahrtenschreiber mit automatischen Datenupload und Benutzererkennung bis hin zu einer einfachen Webseite, in die manuell die gefahrenen Kilometer und die Fix-Kosten eingetragen werden und dann automatisch verrechnet werden.

Lust, Zeit und können, was in die Richtung umzusetzen habe ich gerade nicht, aber ich fand die Idee zu interessant, um sie einfach zu vergessen. Daher dieser Eintrag.

Update: Auf einer privaten Feier wurde für diese Idee der Name „Auto-WG“ vorgeschlagen. Ich melde hiermit schon mal sicherheitshalber alle Rechte an diesem Begriff bzw. Marketing-Claim an. 😉